Ist das duale System noch zeitgemäß?

Ist das duale System noch zeitgemäß?

Ist das duale System noch zeitgemäß?

Das duale System in Deutschland galt über viele Jahre als das Maß aller Dinge in Sachen qualitativ hochwertiger Nachwuchsgewinnung. Inzwischen muss an der Einzigartigkeit als zukunftsfähiges Modell gezweifelt werden. Immerhin steigen die Zahlen derer, die nach Abschluss der Schule eben nicht den Weg in eine Ausbildung finden. Der BIBB-Datenreport weist seit Jahren in der Altersgruppe der 20-34-Jährigen ein stetes Anwachsen der Zahl Jugendlicher ohne anerkannte Berufsausbildung jenseits der Zwei-Millionen-Stufe aus.

Die Gründe hierfür werden unterschiedlich interpretiert, seit Jahren schon, auch deshalb dauern Veränderungen an. Doch es geht um Grundsätzliches. Sind wir mit dem dualen Ausbildungssystem auf der Höhe der Zeit oder braucht es hier tiefgreifende Veränderungen? Wie gelingt die Einbeziehung der momentan nicht am Ausbildungssystem interessierten Jugendlichen mit Blick auf den Mangel an Fachkräften?

Was gibt es hier bereits für Möglichkeiten, die aber deutlich mehr Beachtung verdienen?

Mit der parallelen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule war man lange Zeit gut gerüstet, um hiernach beruflich in der Arbeitswelt zu bestehen. Allerdings war und ist die fachliche Spezialisierung im dualen System so kleinteilig und starr, dass auf grundlegende Veränderungen am Markt nicht adäquat reagiert werden kann. So passiert es im Zuge des steten Wandels immer häufiger, dass ausgebildete Kompetenzen einfach nicht mehr oder deutlich weniger gefragt sind. Damit gerät das gesamte System der dualen Ausbildung ins Wanken.

Da Zukunftsprognosen über viele Jahre im Voraus oft von Unsicherheit getragen werden, ist ein weiteres Festhalten an dem hohen Spezialisierungsgrad der Ausbildungsberufe fatal. Damit fällt es zunehmend schwerer, zukünftig in andere Branchen, Berufsfelder und Berufsbilder zu wechseln. Die Lösung könnte darin zu suchen sein, dass der allgemeinbildende, fachübergreifende Anteil in der Ausbildung deutlich erhöht wird und die berufsspezifische Ausbildung erst im letzten Drittel der Ausbildung erfolgt. Beispiele dafür gibt es international, aber auch hierzulande wurde in einigen wenigen Berufsfeldern der Versuch hierzu unternommen. So startet die Ausbildung in den industriellen Metallberufen im ersten Jahr mit gleichen Ausbildungsinhalten, im zweiten Jahr erfolgt die erste Aufsplittung in einzelne Fachrichtungen und nach zwei Jahren die eigentliche Spezialisierung für das Berufsbild. Ähnliches ist für Berufe der Fahrzeugtechnik und auch bei Bauberufen möglich. 

Das duale System muss flexibler werden

Diese Tendenzen wirken insgesamt noch sehr vorsichtig und im Hinblick auf die rasante Entwicklungsgeschwindigkeit am Markt viel zu langsam. Den Azubis sollten Kompetenzen vermittelt werden, die über enge Berufsfelder hinausgehen, lebenslanges Lernen erleichtern und ihnen auch später noch nützen, wenn sich die Anforderungen am Markt verändert haben. Moderne Unternehmen würden ihren Fachkräftenachwuchs gern auch heute schon sehr breit gefächert aufstellen, um für die Wandlungen gewappnet zu sein. Die Möglichkeiten, berufliche Profession zu erlangen, brauchen mehr Offenheit und eine Kultur der Anerkennung. Es gilt zukünftig noch viel stärker auch all diejenigen zu fördern und zu unterstützen, die nach der Schule direkt in der Praxis lernen wollen.  

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Bildquelle: Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay