Unkündbarkeit – mehr Traum als Wirklichkeit
So mancher Zeitgenosse hält sich tatsächlich für unersetzbar. Dass derlei Realitätsverlust oft und auch sprichwörtlich nach hinten losgeht, das demonstriert uns die Politik inzwischen fast täglich. Doch nicht nur dort ist die Selbstgefälligkeit im Übermaß vorhanden. Auch in der profanen Arbeitswelt wird gern mit der Unkündbarkeit geprotzt.
Tatsächlich hält sich dieser Mythos immer noch sehr hartnäckig im Sprachgebrauch.
Vor allem, wenn es um langjährige Betriebszugehörigkeit geht oder um bestimmte Personengruppen, dann wird dieses Argument gern ins Spiel gebracht. Dabei handelt es sich richtigerweise um einen Sonderkündigungsschutz. Doch auch dieser besondere Schutz ist in seiner Reichweite begrenzt. Davon erfasst sind, neben tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Langzeitbeschäftigten, auch Auszubildende, Betriebsratsmitglieder und vergleichbare Interessenvertreter, Schwerbehinderte, in Pflegezeit befindliche Arbeitnehmer, schwangere Frauen und in Elternzeit befindliche Eltern.
Soweit geregelt ist, dass diese Arbeitnehmer ordentlich nicht kündbar sein sollen, bedeutet dies aber nicht, dass sie nicht außerordentlich gekündigt werden können. Damit besteht kein absoluter Schutz vor Kündigung. Eine Unkündbarkeit gibt es so pauschal also nicht.
Es gibt keine absolute Unkündbarkeit.
Die außerordentliche Kündigung muss dabei nicht, wie sonst üblich, verhaltensbedingt und fristlos erfolgen. Sie kann auch auf betrieblich wichtige Gründe gestützt werden und eine Auslauffrist beinhalten. Diese Auslauffrist muss dabei mindestens so lang sein, wie die reguläre Kündigungsfrist, die der Arbeitgeber beachten müsste, wenn er zur ordentlichen Kündigung berechtigt wäre.
Die Gründe dieser außerordentlichen Kündigung müssen gravierend sein und es dem Arbeitgeber unmöglich machen, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen. Da bei betriebsbedingten Kündigungen immer mehrere Arbeitsverhältnisse gleichzeitig ins Visier geraten und die sogenannte Sozialauswahl eine Rolle spielt, kann es tatsächlich zu erheblichen Schwierigkeiten kommen.
Sonderkündigungsrecht trifft es als Begriff besser.
Die Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsrecht unterfallen nicht der Sozialauswahl. Für sie müssen also durchaus erst einmal andere, auch schützenswerte Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden. Daneben gibt es noch eine weitere Hürde: Bei der normalen Kündigung kann sich der Arbeitgeber darauf beschränken, die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung des Arbeitnehmers schlicht zu verneinen. Im Falle von Sonderkündigungsrechten muss er hingegen beweisen, dass keine andere Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht. Das kommt zum Beispiel bei Betriebsschließungen oder komplexen Umstrukturierungen und dem Wegfall ganzer Aufgabenbereiche in Betracht.
Die Unkündbarkeit bleibt also ein Traum, der die Wirklichkeit weitgehend ausblendet.
Lediglich der Weg zur wirksamen Kündigung ist für den Arbeitgeber schwieriger. Damit steigt aber auch die Chance, höhere Abfindungszahlungen bei gütlicher Einigung erzielen zu können.
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