
Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch für Männer
Im Artikel 3 des Grundgesetzes ist der allgemeine Gleichheitssatz zur Verfassungsnorm erhoben wurden. Allerdings ist damit keineswegs die Aussage getroffen, dass alles und jeder gleich wäre. Vielmehr wird dort die Kernaussage getätigt, dass ohne einen sachlichen Grund eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist. Was für die Allgemeinheit gilt, muss natürlich auch in Beruf und Beschäftigung seinen Niederschlag finden.
Gleichbehandlungsgrundsatz als Maßstab
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wurde im Jahre 2006 durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das sogenannte Antidiskriminierungsgesetz (AGG), ergänzt. Damit wurden in Deutschland europarechtliche Richtlinien umgesetzt. Das AGG enthält ausführliche Regelungen über verbotene Gründe für Benachteiligungen. Es verbietet diese aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, wegen der Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen des Alters oder wegen der sexuellen Identität. Außerdem verbietet das AGG nicht nur offensichtliche, sondern auch mittelbare Benachteiligungen und Belästigungen. Die Regelungen des Gesetzes erstrecken sich in seiner Geltung auch auf den Bewerbungsprozess.
Hierzu gehören unter anderem die Auswahlkriterien bei Bewerbungsverfahren, die Höhe des Arbeitsentgelts, der berufliche Aufstieg und auch die Integration. Doch wenn sich Bewerber oder Arbeitnehmer hier ungleich behandelt fühlen, so müssen sie ihre Benachteiligung zunächst beweisen. Erst danach eröffnen verbotene Diskriminierungen einen Anspruch auf Schadensersatz und auf eine Entschädigung in Geld für die Betroffenen.
Diskriminierung als Mann
Einen nicht alltäglichen Fall des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hatte unlängst das Landesarbeitsgericht Nürnberg zu entscheiden (LAG Nürnberg, AZ: 7 Sa 168/22). Geklagt hatte dort ein männlicher Bewerber, der sich im Bewerbungsverfahren wegen seines Geschlechts diskriminiert fühlte.
Beworben hatte sich der Mann bei einem Unternehmen, was Modellfahrzeuge in relativ kleinen Maßstäben herstellt. Diese Modellfahrzeuge bestehen in der Regel aus 100 bis 150 Einzelteilen. Diese müssen teilweise mittels Pinzette für den Digitaldruck positioniert werden, da sie sehr filigran gestaltet sind. Ausgeschrieben war eine eben solche Stelle als Bestücker einer Digitaldruckmaschine, wobei die Stellenanzeige ausdrücklich in Klammern die allgemein üblichen Kürzel für die Geschlechterbezeichnung „männlich“, „weiblich“ und „divers“ enthielt.
Weiter hieß es in der Stellenbeschreibung unter anderem, dass Bewerber Fingerfertigkeit bzw. Geschick mitbringen müssen. Der hier vor Gericht klagende Mann erhielt nach seiner Bewerbung auf genau diese Stelle eine Absage. Darin hieß es unter anderem wörtlich: „Unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände“. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch war ausgeblieben. Das Unternehmen hatte angeblich im Internet ein Bild des Mannes gesehen, wo seine großen Hände deutlich zu erkennen gewesen seien.
Damit sei der Mann wegen seines Geschlechtes diskriminiert worden, entschied das Gericht. Aus Bildern im Internet lasse sich nichts über die Fingerfertigkeiten des Mannes ableiten. Eine Gelegenheit, mittels Probearbeit nachzuweisen, dass er zu der kleinteiligen Arbeit bei dem Unternehmen in der Lage gewesen wäre, wurde ihm vor allem deshalb nicht gegeben, weil er ein Mann ist. Das Gericht sah hier den Gleichbehandlungsgrundsatz eklatant verletzt und erkannte dem verschmähten Bewerber eine Entschädigung in Höhe des 1,5-fachen Bruttogehalts zu, der für die in Rede stehende Stelle vorgesehen war. Das entsprach 2.500 Euro.
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Bild von Florin Radu auf Pixabay