Präsentismus – trotz Krankheit zur Arbeit

Präsentismus – trotz Krankheit zur Arbeit

Neu war das nun nicht, was kürzlich die Umfrage einer Krankenkasse zu Tage förderte: Jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland schleppt sich auch mit oder trotz Krankheit zur Arbeit. Seit Jahren ist dieses Phänomen schon zu beobachten, inzwischen aber auch mit steigender Tendenz. Unter Arbeitsmedizinern ist dieses falsch verstandene Pflichtgefühl als Präsentismus bekannt. Gerade in Zeiten von Erkältung und Grippe wird es wieder offenkundig.

Das Husten und Prusten nimmt bedrohliche Ausmaße an. Es gibt kaum eine Chance, dem zu entrinnen. Wenn dann auch noch die Kollegen ständig zum Taschentuch greifen, ist die Gefahr eigener Ansteckung nicht mehr weit. Dabei kann man eine Auszeit gerade überhaupt nicht gebrauchen. Die eigene Arbeit bliebe liegen oder Kollegen müssten diese zusätzlich übernehmen. Doch die schleppen sich schließlich auch, trotz Krankheit, zur Arbeit. Darf man da aus der Reihe fallen?

Das Dilemma ist fatal und auch längst keine Randerscheinung mehr. Vor allem bei Beschäftigten mit Kindern wird Präsentismus inzwischen zur Normalität. Da sie schon bei Erkrankung des Nachwuchses der Arbeit fern bleiben müssen, machen diese Kolleginnen und Kollegen lieber bei sich und ihrer Gesundheit Abstriche. Doch egal wie die Motivation auch begründet ist, das Verhalten an sich ist in höchstem Maße kontraproduktiv.

Wer sich krank zur Arbeit schleppt und dabei andere Kollegen ansteckt, verhält sich auch arbeitsrechtlich falsch.

So wie der Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegenüber eine Fürsorgepflicht hat und diese bei Krankheit nach Hause schicken muss, ist man als Arbeitnehmer verpflichtet, sich auszukurieren und nicht andere zu gefährden.

Weltweite Studien haben ergeben, dass die Folgekosten des Präsentismus deutlich höher sind als die Kosten, die Unternehmen durch krank gemeldete Mitarbeiter entstehen. Die bekannte Felix-Burda-Stiftung hat hiernach ausgerechnet, dass ein Mitarbeiter, der krankheitsbedingt zu Hause bleibt, seinen Arbeitgeber im Durchschnitt mit 1.200 Euro belastet . Geht er dagegen krank zur Arbeit, verliert das Unternehmen rund das Doppelte: einmal bedingt durch krankheitsbedingte Minderleistungen und darüber hinaus durch einen längeren Krankheitsverlauf. Steckt der kranke Arbeitnehmer dann noch weitere Kollegen an, laufen die Kosten schnell aus dem Ruder.

Der Arztbesuch ist also Pflicht, sobald sich die Körpertemperatur mit 38°C und mehr im fiebrigen Bereich befindet oder andere Beeinträchtigungen auftreten, die ein effizientes Arbeiten aufgrund von Schmerzen nicht möglich machen. Besondere Vorsicht ist bei grippalen Infekten geboten. Werden diese verschleppt, können sie im schlimmsten Fall zu Langzeiterkrankungen des Herzmuskels führen.

Nur wer gesund ist, kann gute Arbeit leisten. Wer seine Genesung beschleunigt, ist schneller wieder voll einsatzfähig und reduziert die Anfälligkeit für Folgeerkrankungen. Das versteht auch der Chef. Deshalb sind modern geführte Unternehmen längst dazu übergegangen, der Gesundheit ihrer Mitarbeiter besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Gesundheitsförderung und Prävention helfen, die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten langfristig zu erhalten und Probleme zu lösen. Auch, damit kein Präsentismus aus der Not entsteht.

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