Krank zur Arbeit oder krank zur Familie?
Die Grippe hat Deutschland im Griff.
Wenn auch der Corona-Virus im Mittelpunkt der Öffentlichkeit steht, die aktuelle Grippewelle sollte keinesfalls unterschätzt werden. Immer mehr Kollegen melden sich krank. Das stellt Unternehmen natürlich vor große Herausforderungen. Die Auswirkungen alljährlicher Grippewellen sind schon lange als ein wesentlicher Faktor in der Bruttowertschöpfung identifiziert, der sich letztlich auch auf die gesamte Volkswirtschaft niederschlägt.
Dabei sind krankheitsbedingte Ausfälle immer nur die eine Seite der Medaille. Weitaus mehr, nämlich rund ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts, verliert die deutsche Volkswirtschaft durch Arbeitnehmer, die krank zur Arbeit gehen. Dies haben verschiedene Studien zum Thema immer wieder herausgestellt.
Der deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte rund 5000 Personen zu dieser Thematik befragt. Zwei Drittel der Probanden gaben dabei an, mindestens an einem Tag trotz Krankheit zur Arbeit gegangen zu sein. Bei 17 Prozent waren es sogar ein bis zwei Wochen, die sie krank am Arbeitsplatz verbracht haben und fast 30 Prozent arbeiteten zwei Wochen oder länger, obwohl sie eigentlich krank waren.
Unter Arbeitsmedizinern ist dieses falsch verstandene Pflichtgefühl als Präsentismus bekannt.
Wer sich krank zur Arbeit schleppt und dabei andere Kollegen angesteckt, verhält sich auch arbeitsrechtlich falsch. So wie der Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegenüber in einer Fürsorgepflicht steht und diese bei Krankheit nach Hause schicken muss, ist man als Arbeitnehmer verpflichtet, sich auszukurieren und nicht andere zu gefährden. Der Arztbesuch ist also Pflicht, sobald sich die Körpertemperatur mit 38°C und mehr im fiebrigen Bereich befindet oder andere Beeinträchtigungen auftreten, die ein effizientes Arbeiten aufgrund von Schmerzen nicht möglich machen.
Mediziner weisen in diesem Zusammenhang gern darauf hin, dass die Ansteckungsgefahr an den ersten beiden Tagen einer Grippe besonders groß ist. Die Gefahr der Ansteckung ist dabei aber für Kollegen ebenso groß wie auch für Familienmitglieder. Wer sich also pflichtbewusst zu Hause auskuriert, der gilt auch dort als akute Infektionsquelle. Mediziner schätzen diese Gefahr generell als gleich groß ein.
Dennoch wird das Fernbleiben von der Arbeit allgemein favorisiert.
Kann man doch dort seine Genesung weitaus effektiver beschleunigen und ist dann schneller wieder voll einsatzfähig. Gleichzeitig reduziert man mit ein paar Tagen Ruhe auch die Anfälligkeit für Folgeerkrankungen. Das versteht letztlich auch der Chef. Letztlich sinkt damit auch die Gefahr der Ansteckung für die übrige Belegschaft.
Modern geführte Unternehmen sorgen sich ohnehin inzwischen gern präventiv um die Gesundheit der eigenen Belegschaft. Nur Gesundheit verspricht schließlich die erwartete Leistungsfähigkeit. Dazu gehören selbstverständlich auch Aufklärungskampagnen, wie man mit akuten Erkrankungen umzugehen hat. Schließlich sind die Folgen des Präsentismus verheerender als der zeitlich begrenzte Ausfall Einzelner.
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