Grippevirus – Arbeitszeit oder Arztbesuch?

Grippevirus - Arbeitszeit oder Arztbesuch?

Grippevirus – Arbeitszeit oder Arztbesuch?

Es hustet und prustet in Deutschland. Der Krankenstand in den Unternehmen steuert auf neue Rekorde zu. Doch die Hysterie der vergangenen Jahre scheint sich nicht einzustellen. Zu schwer wiegen die Negativerfahrungen in vielen Köpfen. So ist es kaum verwunderlich, dass die Corona-Diagnose nur gelegentlich aufblitzt. Es soll, so hat es den Anschein, das sein, was es auch in den Jahren vor der Pandemie schon gab, eine Grippewelle, wenn auch eine heftige. Damit steht auch wieder ein Entscheidungsproblem für viele Betroffene an: Arztbesuch oder Arbeitszeit?

Doch der Gang zum Arzt ist für viele erst die letzte Alternative bei Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Denn bekanntlich füllt jede Grippewelle die Wartezimmer der Mediziner deutlich mehr als im Rest des Jahres. Die typischen Dauerbesucher des Hausarztes geraten hier plötzlich zur Minderheit. Viele Patienten sind nun nicht allein zum Zeitvertreib vor Ort. Eigentlich haben sie Arbeitszeit, doch die Wartezeit lässt nicht selten Probleme mit dem Chef erahnen.

Regeln zur bezahlten Freistellung von der Arbeitszeit

Immer dann, wenn die Arztbesuche während der Arbeitszeit stattfinden, stellt sich deshalb bei den meisten das schlechte Gewissen ein. Die Konfrontation mit dem Arbeitgeber ist unweigerlich absehbar. Er erwartet Anwesenheit und Ergebnisse. Schließlich wird man für den Aufwand bezahlt. Für das Fernbleiben vom Arbeitsplatz gibt es in der Regel kein Geld, da Leistung und Ergebnis fehlen. Doch von jeder Regel gibt es bekanntlich oft Ausnahmen, so auch hier.

Nicht nur Urlaub und Krankheit gelten als bezahlte Auszeiten vom Job, auch andere Ereignisse lassen eine bezahlte Freistellung zu. Die rechtliche Regelung macht hierzu aber Einschränkungen: Die Fehlzeit darf im Verhältnis zur regulären Arbeitszeit nicht erheblich sein. Der Grund des Fernbleibens muss in der Person des Beschäftigten begründet sein und er darf ihn nicht selbst verschuldet haben. Das Ganze findet sich in § 616 BGB wieder. In vielen Tarifverträgen werden diese Voraussetzungen für begründete und bezahlte Freistellungen von der Arbeit oft verschärft oder auf detailliert vorgegebene Ausnahmen beschränkt. Oft wird dabei auch die Nacharbeit geregelt.

Unterliegt man keinen tarifvertraglichen Einschränkungen zu diesem Thema, so kann ein Arztbesuch natürlich ein Grund für eine bezahlte Freistellung sein. Allerdings muss dies die unumgängliche Ausnahme bleiben. Man sollte stets bemüht sein, den Termin außerhalb der Arbeitszeit stattfinden zu lassen. Das gelingt in Anbetracht vieler überfüllter Praxen natürlich nur selten. Zumindest bei Folgeterminen ist man dann aber gehalten, gezielt auf andere Zeiten auszuweichen.

Da jeder Beschäftigte in der Wahl seines Arztes frei ist,  kann er vom Arbeitgeber nicht an einen anderen Arzt verwiesen werden, der die Behandlung dann außerhalb der Arbeitszeit vornehmen würde. Liegt der Arztbesuch in der Arbeitszeit, muss der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Aus dieser soll hervorgehen, dass eine Notwendigkeit zum Arztbesuch während der Arbeitszeit bestand. Nur dann ist man vor finanziellen Einbußen sicher. Manche Arbeitgeber verlangen auch die Nacharbeit der Fehlzeit. Doch dies ist auf die Fälle beschränkt, bei denen sich Arbeitnehmer nicht an den gesetzlichen Einschränkungen orientieren. Denn diese regeln ja gerade die bezahlte Freistellung.

Zeitpunkt des Arztbesuchs ist entscheidend

Anders ist die Situation aber dann zu betrachten, wenn man während oder zu Beginn der Arbeitszeit arbeitsunfähig erkrankt. Geht man damit gezwungenermaßen zu einem Arzt, so ist die gesetzliche Regelung über die bezahlte Freistellung gar nicht erst relevant. Dann greifen die Regelungen des Entgeltfortzahlungs-Gesetzes sofort. Dieses schreibt bekanntlich die Fortzahlungspflicht des Arbeitgebers für 6 Wochen im Krankheitsfall fest. Der auslösende Arzttermin läutet sozusagen diese Phase der bezahlten Freistellung ein.

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